Mein Gesichtspunkt
Wenn ich schon davon sprechen will, von welchem Punkt ich auszugehen habe, dann muss ich auch ehrlich sein. Ich vermag mich nämlich nicht als eigentlichen Literaten zu sehen und kann mich deshalb nicht als solchen ausgeben. Denn ein Schriftsteller schreibt – genauso wie ein Maler malt, ein Komponist komponiert, usw. -, auch dann, wenn er zu Beginn eines Projekts nicht genau weiss, was er da macht. Er braucht sich vorerst nicht darum zu kümmern. Mit anderen Worten, er hat bereits das erforderliche technische Können, das ihm ermöglicht, über alles schreiben zu können, wozu er gerade Lust hat. Er überzeugt allein schon durch die Form des Schreibens. Seine Botschaft fügt er dann nach und nach hinzu. Er setzt sich also hin und sagt sich: Ich werde jetzt ein Werk verfassen, komme was da wolle. Und dann packt er sich quasi am eigenen Schopf und versetzt sich in eine Stimmung, die ihm ermöglicht, die Schönheit der Dinge wahrzunehmen und das zu tun, was er sich vorgenommen hat. - Das ist ungefähr das Bild, das ich von einem professionellen Literaten habe.
Schon möglich, dass dies eine allzu romantische Vorstellung ist, aber ich gehöre jedenfalls nicht in diese Kategorie. Ich kann nur schreiben, wenn ich ein äusserst starkes inneres Bedürfnis verspüre, etwas sagen zu müssen. Und das geschieht selten genug. - Wenn es nichts zu sagen gibt, halte ich lieber den Mund. - Eine dringende Notwendigkeit also ist erforderlich, die mich vor die Wahl stellt: jetzt oder nie. Jemand mit etwas mehr Phantasie und grösserer Liebe zu gewissen Mythen, als ich sie habe, würde vielleicht sagen: „Er wurde zwar nicht von der Muse geküsst, aber sie gab ihm hie und da einen Tritt in den Hintern.“
Es klingt zwar absurd, aber das ist bisweilen das Gefühl das ich habe, wenn ich unbedingt schreiben muss. Doch die Frage bleibt offen bezüglich wer oder was mir jeweils diesen Kick verpasst. Am Ende bin ich es noch selbst, der dies bewirkt. Ich bin ohnehin seit langem davon überzeugt, dass alles, was mir zustösst, von mir selbst mittelbar oder unmittelbar erschaffen worden ist, bevor es tatsächlich eintrifft. Auch kenne ich keinen persönlichen Gott, dem ich die Verantwortung für mein Sein, Tun und Haben aufbürden möchte, weder im guten noch im schlechten Sinne.
Ausserdem weigere ich mich, das, was ich als Autor geschrieben habe, zu analysieren oder zu erklären. - Ich hatte einmal einen Freund, einen Kunstmaler. Eines Tages versuchte er mir eines seiner Bilder zu erläutern. Die Folge davon war ein Desaster. Vor meinem geistigen Auge ging das Gemälde augenblicklich in Brüche. Alles, was ich in seinem Bild gesehen hatte, die ganze Ästhetik, verblasste, wurde unwirklich. Was noch übrig blieb, waren ein paar Linien und etwas Farbe. Aber die Bedeutung, das heisst die eigentliche Kommunikation, war, wenigstens für den Moment, verloren gegangen. - Ist das nicht schrecklich?
Später fragte ich mich: Warum malt jemand ein Bild, schreibt einen Roman oder komponiert Musik? - Die Antwort ist denkbar einfach: Weil er sich anders nicht ausdrücken kann - jedenfalls nicht seinem innersten Wesen entsprechend - und doch unbedingt etwas mitteilen will. - Das Werk selbst kommuniziert durch seinen eigenen ästhetischen Charakter, so bescheiden oder gewaltig es in seiner Art auch sein mag.
Oder es kommuniziert eben nicht, wenn es diese besondere Qualität nicht hat. - Alle pseudo-intellektuellen Erklärungen fruchten da nichts. Entweder es kommuniziert oder es kommuniziert nicht, basta!
Wie...? Das klingt brutal...? Das ist es auch.
deine Worte sind die Wahrheit :-)
AntwortenLöschenman kann nur schreiben, wenn im Innern etwas da ist, was unbedingt rauswill...
liebe Grüße Tina
Danke Tina für diesen schönen Kommentar! Nun, das Obige trifft jedenfalls auf mich zu. Dir geht es offenbar ebenso. (Schreibst du auch irgendwas? Ich muss mal deinen Blog besuchen)
AntwortenLöschenAber es gibt natürlich schon Literaten, Profis, die fähig sind, von praktisch jeder grösseren Idee aus ein Projekt zu starten. Das würde dann nicht unbedingt bedeuten, dass es ihnen nicht ebenso Ernst ist.
Ich wollte einfach mal klar stellen, dass dies bei mir nicht der Fall ist, obwohl es mir gelungen ist, einen kleinen Roman zu schreiben. Aber im Moment läuft leider nichts.
ebenso liebe Grüsse, Beni